von
A.L.Webber und Tim Rice
Bad Hersfeld, Stiftsruine – 01. August 2004
Hessische
Kurzfassung des Stücks: Es dreht
sich alles um de Jupp, die Kerche is schon kaputt, es sinn ganz ville Leut
uff de Bühne un singe – aaner devo mim Nachthemd. |
|||
Ich
versuchs auch besser verständlich J: Das
Stück begann mit einer Szene, in der Jesus (Yngve Gasoy-Romdal) Einzug hält und vom Volk gefeiert wird.
Judas (Nigel David Casey) wirft
Jesus vor, die gemeinsamen Ziele auf Spiel zu setzen – Heaven on their minds. Mit
großer Massenszene begann das Stück. Wirklich unglaublich viele Komparsen und
Mitglieder des Chores, die da auf der Bühne waren. Die Kleidung war sehr
minimalisiert, aber mit bestimmten Klischees, die besonders hervorgehoben
wurden – z.B. bei den Hohepriestern, die doch sehr Starwars-Krieger
erinnerten. Das
ganze Stück, das ja eigentlich nur aus den Liedern besteht – gesprochen wurde
nicht –, wurde in englischer Sprache aufgeführt. Das führte schon teilweise
zu ziemlicher Verwirrung im Publikum – auch weil das Englisch mit vielen
alten Begriffen gespickt war und deshalb manchmal etwas schwer zu verstehen. |
|
||
Die
Jünger fühlen sich ausgeschlossen, weil sich Jesus zu viel um alle anderen
Leute kümmert, die sich von ihm segnen lassen wollen - What the buzz. Nur
Maria Magdalena (Anna Montanaro)
versteht ihn und steht ihm zur Seite. Judas versteht nicht, dass sich Jesus
mit einer Frau wie Maria Magdalena abgibt – Strange
thing, mystifying. |
|||
|
Maria
Magdalena spricht Jesus Mut zu und versucht ihn zu beruhigen – Everything’s alright. Ein sehr
starkes Lied, bei dem die Stimme von Anna Montanaro zeigen konnte, was sie
wirklich kann. Leider hat sie aber manchmal etwas zu übertrieben – etwas
weniger hätte auch noch genügt. Jesus
scharte immer mehr Gläubige um sich. Er wurde damit für die Hohepriester zur
Gefahr. Sie beriefen eine Versammlung ein. Kaiphas (Tom Tucker) erklärte, dass die einzige Möglichkeit,
sich die Römer fern zu halten, sein wird, dass man diesen Mann (Jesus)
umbringt - This Jesus must die – oder das Volk würde sterben. Jesus
zieht unter dem Jubel des Volkes und lauten „Hosanna“-Rufen in Jerusalem ein. Kaiphas versucht die Menge zu
übertönen, hat aber keinen Erfolg. |
||
Der
Jünger von Jesus, Simon Zeolates (Michael Kelley) versucht Jesus zur Machtergreifung zu überreden – Simon Zeolates. Ein
ganz starkes Lied mit ganz viel Soul und einer tollen Stimme vom Michael
Kelley. Er hatte das Publikum soweit, dass mitgeklatscht wurde und alle
traurig waren, dass das Lied nicht noch länger dauerte. Der
Statthalter von Jerusalem, Pontius Pilatus (Jimmie Earl Perry) hat einen Traum, in dem er als Zeuge
eines Lynchmordes verantwortlich gemacht wird. Pilatus
wird als extrovertiert und leicht verrückt dargestellt, was man auch schon an
der glitzernden Kleidung erkennen kann. The temple – ein Lied, das uns die Auswüchse des Tempellebens
zeigt. Schrill, vulgär, schmutzig. Händler und Prostituierte missbrauchten
die Tempel für ihre Zwecke. Als Jesus das bemerkte, warf er alle aus dem
Tempel hinaus – laut und schrill ertönte seine Stimme über dem ganzen
Treiben. Aber die Hohepriester waren nicht damit einverstanden, dass er das
gemacht hatte. Dazu hätte er kein Recht. Jesus
ist erschöpft und verzweifelt. Er versteht die Welt nicht mehr. Maria
Magdalena kommt dazu und tröstet ihn – Everything
is alright. Als
Jesus eingeschlafen ist, offenbart sie ihre Gefühle – I don’t know how to love him. Eines
der schönsten Liedes dieses Musicals und von Anna Montanaro sehr gefühlvoll
und eindringlich vorgetragen. Sie hat praktisch in jeder Stellung gelitten J Judas
war auch ein Jünger von Jesus, aber er war immer der Ausgestoßene – ein Mann
aus Judäa unter lauter Galiläern. Das führte dann auch dazu, dass er Jesus an
die Hohepriester ausliefern wollte. Die
Hohepriester waren über dem Verräter natürlich erfreut und wollten ihm Geld
für die Auslieferung zahlen – 30 Silberlinge – Blood money Jesus und seine Jünger treffen sich zum
gemeinsamen Abendmahl im Garten Gethsemane – Last
Supper. Jesus gibt Judas
zu verstehen, dass er weiß, dass er ihn verraten wird: „Einer von euch wird
mich verraten.“ Die Jünger versuchen Jesus vom Gegenteil zu überzeugen, aber
Judas hat erkannt, dass er gemeint ist. Jesus nahm das Brot, reichte es den
Jüngern und sprach: „das ist mein Leib“. Dann nahm er den Kelch, reichte ihn
den Jüngern und sprach: „das ist mein Blut, vergossen für die Vergebung der
Sünden.“ Als es
spät war und alle sich zum Schlafen gelegt hatten, klagt Jesus zu seinem
Vater – Gethsemane. Er klagt ihm seine Ängste und Zweifel und erst durch
die Kraft Gottes werden ihm die Ängste genommen und er kann sein Schicksal
ertragen. Dieses
Lied ist für mich ja so etwas wie eine Hymne. Yngve hat sie in Hersfeld mehr
als beeindruckend vorgetragen. Die sparsame Kulisse der Stiftsruine und die
bereits einsetzende Dunkelheit taten noch ein Übriges. Ich kann es nicht
wirklich beschreiben, welche Gefühle dieses Lied hervorgerufen hat – manchmal
konnte man fast Angst bekommen, weil es einfach so ergreifend und aufwühlend
war. Es war mindestens doppelt so intensiv wie auf der CD – das muss als
Beschreibung genügen, weil ich dafür keine Worte finde! Eigentlich
hätte doch spätestens jetzt eine Pause kommen müssen – es war bereits über
eine Stunde gespielt. Aber es ging ohne Unterbrechung und ohne Rücksicht
darauf, dass man erst mal wieder zur Realität zurückkehren müsste, weiter. |
|||
Judas
vollzieht den Verrat - Arrest. Er küsst Jesus drei Mal und zeigt somit den
Hohepriestern, dass dies der Mann ist, den sie suchen. Jesus wird verhaftet.
Annas, der Priester bedankt sich bei Judas, aber der wird mit seinem Verrat
nicht fertig und flieht. Nun
fragen die Priester Petrus (Sven Sorring), ob das der Mann sei, aber der verleugnet Jesus drei Mal – Peters denial.
Maria Magdalena erkennt, dass die Prophezeiung wirklich eintritt. Jesus
wird zu Pilatus gebracht – Pilate and Christ. Er soll entscheiden, was passieren soll. Aber er
schickt ihn weiter zu Herodes mit den Worten: „Du bist Jude wie er.“ Warum
Pilatus in dieser Aufmachung auftreten musste, ist mir verborgen geblieben.
Er trug eine Uniform und passende Uniform-Mütze, was alles doch sehr an die
Hitler-Zeit erinnerte. Für mich wäre diese Anspielung nicht nötig gewesen –
das konnte man auch ohne „Gummihammer“ verstehen. In
einem aberwitzigen Aufzug und mit einem völlig durchgeknallten Hofstaat
empfängt dann Herodes (Reinhard Brussmann)
Jesus. Er verspottet Jesus: „Du bist also der Judenkönig.“ – Herode’s Song. Er
lässt ihm eine Dornenkrone aufsetzen und einen Prunkmantel umhängen und
schickt ihn zurück zu Pilatus. Reinhard
Brussmann, unser Bonifatius aus Fulda, ist in dieser Szene nicht wieder zu
erkennen - er stark geschminkt, trägt eine Hose, die eher ein Rock ist und
singt einen rockigen Song. Seine Begleiter sind Transvestiten, Huren und
Zirkusleute. Maria
Magdalena und Petrus sind verzweifelt. Sie würden gerne die Zeit zurückdrehen
und noch mal von vorne beginnen – Could we
start again. Judas
bereut seinen Verrat – Judas’ death. Als er hört, dass Jesus zum Tode verurteilt wurde,
bringt er die Silberlinge zurück zu den Hohepriestern und bittet um Vergebung
seiner Sünden. Aber sie sagen, dass sie das nichts angehe. Das sei allein
seine Sache. Judas wirft die Silberlinge zurück in den Tempel, geht weg und
erhängt sich aus Verzweiflung. Pilatus
soll das Urteil über Jesus fällen. Er ist eigentlich von seiner Unschuld
überzeugt, aber das Volk ruft immer lauter danach, Jesus zu kreuzigen.
Plötzlich erkennt Pilatus in Jesus den Mann aus seinem Traum – und verurteilt
ihn zum Tode - Verhör durch Pilatus. Jesus
mit Dornenkrone und Königsmantel wird verspottet, gegeißelt und gequält. Man
betitelt ihn als Superstar. Diese Verhöhnung steigert sich mehr und mehr. Es
tanzen seltsame Gestalten über die Bühne, Freudenmädchen tanzen und Judas in
Gestalt von Freddy Mercury steht auf einem hohen Podest und rockt: „Jesus Christ Superstar.“
Alle Darsteller sind auf der Bühne, alles rockt und tanzt. Mitten drin sitzt
Jesus mit der Dornenkrone und dem Mantel. Er leidet, aber trägt sein
Schicksal mit innerer Ruhe. |
|||
Dann
verschwinden wieder alle von der Bühne, man bindet Jesus mit beiden Händen an
lange Seile und zieht ihn zur Kreuzigung nach oben. Noch einmal ruft er
seinen Gott und Vater an, dann blitzt und donnert es, die Fesseln fallen, er
sinkt zu Boden. Der
aufkommende Nebel und das grüne Laserlicht bilden langsam einen Tunnel, der
in der Unendlichkeit zu enden scheint. Das Licht wandert auch über das
Publikum und bezieht so jeden in das Geschehen mit ein. Jesus
taucht verändert wieder auf – er trägt nun das lange weiße Kleid. Er folgt
dem Licht des Tunnels – erst langsam, dann immer sicherer. Auf ungefähr
halbem Weg dreht er sich noch einmal zum Publikum um. Danach geht er weiter,
sicher und wie von unsichtbarer Hand geführt – bis er in der Unendlichkeit
verschwindet (in Wirklichkeit geht Yngve die Treppe nach unten J). |
Das Foto kann nicht
richtig wiedergeben, wie dieser Tunnel ausgesehen und vor allem gewirkt hat,
aber es gibt einen kleinen Eindruck.
Das Hemd von Jesus war strahlend weiß. |
||
Das
war dann auch schon das Ende des Stücks. Für mich völlig überraschend, denn
es gab keine Pause und irgendwie hätte ich hier noch eine lange sitzen können
– zuschauen und zuhören. Dass alles „nur“ Englisch gesungen wurde, hatte ich
zum Schluss hin ganz vergessen. Das Stück war atemberaubend – und das, obwohl
ich diese Geschichte völlig unpassend für ein Musical halte und obwohl mir
die Musik auf der CD – bis auf Ausnahmen – gar nicht gefallen hatte. Es ist
so schwer zu beschreiben, wie das war. Wir schauten uns am Ende nur an und
meinten: „Wie? Schon fertig?“. Jesus
Christ Superstar ist ein Musical, das man sich wirklich ansehen sollte, wenn
man die Gelegenheit dazu hat. Die CD-Aufnahmen und auch das englische Video
können nicht wiedergeben, welche Stimmung auf der Bühne erzeugt wurde. Allerdings lebt das Ganze nur mit den
richtigen und vor allem starken
Stimmen – und die hatten wir an diesem Abend. Danke
für dieses unvergessliche und sehr beeindruckende Erlebnis! |