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„Jekyll & Hyde“
Bremen am 16. Juli 2000 |
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Einen Besuch in
„Jekyll & Hyde“ hatten wir schon geplant, aber dass es dann doch so
schnell sein würde, konnte man nicht vorhersehen. Der Anruf meiner Tochter
kam kurz vor unserer Abfahrt nach Amberg. Sie hatte auf dem Weg zur Arbeit
ein neues Plakat von dem Musical entdeckt und darauf den Zusatz: Alle Karten aller Kategorien bis zum
31.08.00 nur DM 75,- - Stichwort: ´rattenscharf`. Nun, das
war ja ein Wink mit einem sehr dicken Zaunpfahl und deshalb haben wir auch
sofort beschlossen, die weite Reise nach Bremen „muss“ sein. Wir starten also
am späten Sonntag Nachmittag von Hannover aus nach Bremen. Das, was wir von
der Stadt Bremen auf unserem Weg zu sehen bekamen, war nicht sehr einladend.
Der spärlichen Beschilderung folgend, kamen wir aber trotzdem an dem
Musicaltheater an - Parkhaus, wie schon in Hamburg, auch hier gleich
angeschlossen. Wir hatten noch genug Zeit, uns ein bisschen umzusehen
(Bühneneingang) und haben in Ruhe noch ein blutroten Saft in „Henry´s Bar“
getrunken. Hier hatten wir einen Logenplatz, quasi im Schaufenster, mit
freiem Blick auf den Eingangsbereich. Und was haben wir hier gemacht? Richtig
geraten - abgelästert, aber richtig, und das obwohl wir ja eigentlich im
Glashaus saßen. Ehe wir dann um
19.30 Uhr in Richtung 1.Rang stolziert sind, haben wir noch einen Abstecher
in den Souvenirshop gemacht. Zu unser aller Erstaunen, waren hier alle
Artikel um bis zu 60% reduziert. Ich denke, dass das kein gutes Zeichen sein
kann. Sollte also an den Gerüchten um eine Schließung doch mehr dran sein?
Und das obwohl ich gehört habe, dass Steve Barton ab September die Rolle des
Jekyll übernimmt? Nun ja, „gespart“ haben wir jede Menge, weil wir ja auch
jede Menge gekauft haben (hi,hi). Das Theater
selbst ist sehr modern gehalten, nicht ganz so kalt wie beim „Phantom“ im
äußeren Bereich, aber sehr viel schlichter im Innenraum. Läster, läster:
„Sieht aus, als wäre das früher mal ein Schwimmbad gewesen“. Ehem, es war
früher mal ein Schwimmbad, dann ein Einkaufszentrum, ein Tanzpalast und und
und... - das Gebäude hatte anscheinend schon viele Verwendungszwecke. Unsere
Plätze im 1.Rang in der 1.Reihe waren jedenfalls sehr gut, wenn auch die
Leute hinter uns nicht die Klappe halten konnten - und das trotz vieler böser
Blicke unsererseits. |
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Die Vorstellung hat
uns aber schnell in ihren Bann gezogen. Der Arzt Dr. Henry Jekyll (Kenneth Posey) will von einer Kommision die
Erlaubnis, sein neues Medikament, das die Patienten aus Wahnsinn und
Umnachtung befreien soll, an den Patienten der Klinik ausprobieren zu dürfen,
was aber abgelehnt wird. Stattdessen wird er verhöhnt und beschließt wütend
einen Selbstversuch zu machen. Die Verlobung mit Lisa (Leah Delos Santos), der Tochter seines
Chefs, steht für den gleichen Tag an. Später am Abend zieht Jekyll mit seinem
Freund und Anwalt Utterson noch in ein zwielichtiges Etablissement, die „Rote
Ratte“. Hier lernt er Lucy (Michaela Kovarikova), ein „Mädchen der Nacht“, kennen und gibt ihr seine Karte, für
den Fall, daß sie einmal Hilfe brauche. Noch an diesem Abend macht er dann seinen
ersten Selbstversuch. Und sofort spürt er auch die Wirkung. Vor unseren Augen
verwandelt er sich in den bösartigen Edward Hyde - eine fiese Gestalt. Hyde
geht in die „Rote Ratte“ und vergewaltigt Lucy, die dabei schwer verletzt
wird. |
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In ihrer Not schickt
Lucy einen Brief an Dr. Jekyll, mit der Bitte um Hilfe. Er hilft ihr auch und
ihm wird dabei bewusst, dass er als Hyde diese zerstörerische Kreatur ist.
Die Wirkung des Mittels gerät aber langsam außer Kontrolle und wie im Rausch
begeht Hyde viele Morde. |
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Der zweite Akt beginnt mit der wütenden Londoner Society, die
lautstark die Gefangennahme des „Mörder´s“ verlangen. Das Mittel ist Jekyll
inzwischen außer Kontrolle geraten. Hyde wird stärker und stärker und kommt
auch gegen den Willen Jekyll´s zum Vorschein. Jekyll versteckt sich in seinem
Labor und erstellt ein Testament, das Hyde zu seinem Erben einsetzt - das
Böse hat gesiegt. Lisa ahnt inzwischen, daß mit ihrem Verlobten etwas nicht
stimmt, kommt aber nicht hinter des Geheimnis. Anwalt Utterson will seinen
Freund Jekyll helfen und sucht ihn, dabei wird er schockiert Zeuge einer
Verwandlung. Wieder sucht Hyde danach Lucy auf und bringt sie um. Noch einmal
kämpft das Gute gegen das Böse, aber der Erfolg ist nicht von langer Dauer.
Auf seiner Hochzeit mit Lisa kann Jekyll nicht verhindern, dass Hyde vor den
Augen der Gäste zurückkehrt. Lisa versucht noch das Gute in Jekyll
anzusprechen, aber es gibt kein zurück mehr - Utterson erschießt Jekyll/Hyde. |
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Das Stück ist so
spannend und fesselnd, daß man gar nicht bemerkt, dass man wirklich drei
Stunden da gesessen hat. Die Zeit verging wie um Flug. Und es war eine sehr
gute Aufführung. Sehr anspruchsvoll, zwar nur wenige eingängige Melodien,
aber trotzdem ein Leitmotiv, das man auch Tage nach der Vorstellung noch im
Ohr hat, kein leichtes Musical. Dazu kommt dann noch die sehr gewagte
Aufführung, die sehr offensichtlich mit den Sex-Szenen (im Prospekt als
„Erotik“ bezeichnet) umgeht, da wird nichts verborgen und auch die Morde sind
sehr brutal dargestellt, aber es gibt auch lustige Szenen und versteckte
Comic. |
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Die Figur des
Jekyll/Hyde ist eine große Herausforderung an den Protagonisten, der bestimmt
bei jeder Vorstellung Höchstleistung bringen muß. Die Wandlung vom vornehmen,
Londoner Arzt mit Haarzopf in eine böse Kreatur mit zotteligen Haaren und
einem dreckigen Pelzmantel fordert absolut alles, denn nicht nur das Äußere
muss sich verändern, sondern auch die Stimme muss sich anpassen. Allein schon
die Szene, in der das Gute gegen das Böse einen erbitterten Kampf
(„Konfrontation“) austragen, stelle ich mir ungemein schwierig vor. Genial
gelöst, indem der Sänger nach oben sieht, die Haare zum Zopf, hell
ausgeleuchtet wird - das Gute -
sich dann auf die andere Seite dreht, nach unten sieht, die Haare offen hat,
grün ausgeleuchtet - das Böse. |
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Die Bühne selbst
ist interessant und sehenswert. Da wird ständig hin und her geschoben,
umgedreht (aber keine Drehbühne), anders beleuchtet und somit der Schritt von
der Londoner Unterwelt in die Upper Class in wenigen Sekunden möglich gemacht
- sehr gut gelöst. Sehr viel wird auch mit Licht gearbeitet, das allerdings
manchmal etwas zu grell erscheint. Auch das Orchester war sehr gut - allein
schon das dröhnende Trommeln, wie ein zu schneller Herzschlag, wenn Hyde
seine Morde beging, ging durch Mark und Bein. In der Pause
hatten wir uns mit Erlaubnis einen anderen Platz gesucht, weil das Geschwätz
hinter uns doch sehr störend war. Als wir dann in einer der Logen Platz
genommen hatten, konnten wir sehen, dass das Theater an einem Sonntag Abend
noch nicht einmal zu Hälfte besetzt war. Schade, wirklich, denn die
Aufführung ist sehr, sehr gut gewesen (obwohl wir als Jekyll ja eigentlich
„nur“ die Drittbesetzung hatten), absolut sehenswert! Was der Grund für
die weniger Zuschauer sein könnte, kann man nur mutmaßen: Ferien? Zu
anspruchsvolles Thema? Nicht jugendfrei? Bremen zu weit weg? - alles Gründe,
aber für uns traf keiner zu und ich würde mir das Stück auch sofort noch
einmal, zweimal,.............. ansehen. Die Handlung hat
uns auch lange nach dem Ende noch gefangen genommen. Die Melodie ging uns im
Kopf herum und wir diskutierten während der Heimfahrt noch über die
Zusammenhänge und die Ähnlichkeit mit den bekannten Filmen. Für uns alle
steht fest, dass das ein ganz großer Abend mit einem sehr anspruchsvollen
Musical war. Christine stellte
dann noch die Überlegung an, ob der Autor Stevenson mit „Edward“ Hyde nicht
vielleicht auf einen Royal angespielt haben könnte. Später haben wir
nachgesehen und festgestellt, dass es zu der Zeit des Autors tatsächlich
einen Edward Albert, später King Edward VII., (Sohn von Queen Viktoria) gab,
der den leichten Mädchen sehr zugetan war (Toulouse-Lautrec hat ihn in Paris
sogar so gemalt) und mit einer Prinzessin Alix (Lisa?) verheiratet war.
Sollte das nur Zufall sein oder hat der Autor da Anspielungen gemacht? |
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